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Der Hafen als Modell für gesellschaftliche Entwicklungen: Zweites deutsches Schiffsregister und Blinde Passagiere

Wir wurden gebeten, im Rahmen des ready2capture Projekts eine nächtliche Hafenrundfahrt zum Thema „Blinde Passagiere“ anzubieten. Diese Rundfahrt ist eine von vielen Versuchen der Hamburger Arbeitsgruppe Blinde Passagiere, Licht ins Dunkel der versteckten Abläufe zu bringen, mittels derer Flüchtlinge, die auf Seeschiffen versteckt in Hamburg einreisen, unbemerkt zurückgeschoben werden.

„Je geregelter jedoch der Warenverkehr in den Häfen verläuft - je rationalisierter und automatisierter (buchstäblich containerisiert) -, desto stärker ähnelt der Hafen der Börse.“ (Allan Sekula, Seemannsgarn, 2002)

Die geplante Hafencity hatte bereits vor ihrem Baubeginn Einfluss auf die Chancen von Blinden Passagieren, unbemerkt vom Schiff in die Stadt zu gelangen. Der alte Afrikaterminal lag unterhalb der Elbbrücken direkt am Strom, keine 15 Minuten Fußweg von der Ausländerbehörde entfernt. Jetzt haben die Flüchtlinge einen längeren, die Wasserschutzpolizei jedoch einen kürzeren Weg: Die neuen Liegeplätze der Linienschiffe, die mehrmals in der Woche Hamburg und Westafrika verbinden, liegen gegenüber ihrer Wache.

Schon bei der Einführung des 2. deutschen Schiffsregisters Anfang der 1990iger Jahre zeigte sich, dass der Hafen bzw. die Schifffahrtsindustrie mit ihrer zunehmenden Entfernung zum Leben der Bevölkerung hervorragende Bedingungen für Modellprojekte bietet. Seit damals ist es den Reedereien, die ihre Schiffe in dieses Register eintragen ließen, erlaubt, Seeleute nach den Lohnbedingungen ihrer Heimatländer zu bezahlen. Also kein gleicher Lohn für gleiche Arbeit mehr, sondern Einführung der (Lohn)-Apartheit in deutschem Gesetzesgebiet. Heute gilt dies für verschiedene Branchen, u.a. die Bauindustrie.

Auch im Bereich Abschiebung scheinen die Vorgänge im Hafen ein Modell für die düsteren Pläne der in allen Parteien vertretenden Abschiebungsbemühungen zu liefern. Abgeschottet von der Öffentlichkeit werden 90% der gemeldeten 100 – 150 jährlichen Blinden Passagiere zurückgeschoben. Zentrale Rechte der Genfer Flüchtlingskonvention werden ihnen systematisch vorenthalten: Unabhängige Beratung und Übersetzung ebenso wie der Kontakt zu Anwälten oder frei gewählten Ärzten. Ähnliches ist mit den Plänen zu Ausreisezentren oder dem Hamburger Modell, eine zentrale Erstaufnahme unter Leitung der Ausländerbehörde in Form eines abgeschotteten Lagers einzurichten, vorgesehen: die Flüchtlinge aus dem Sichtbereich verdrängen und möglichst viele abschieben.

ReimerDohrn


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