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city.crime.control <c3@citycrimecontrol.net> | 10'2003

projektidee für "Backstage" im kontext von stadt und tourismus

city.crime.control (c3) arbeitet als kollektive projektgruppe seit 1998 zum thema stadt/urbane räume. ausgehend von dem ursprünglichen kontext (sub)kultureller, selbstorganisierter zusammenhänge ist unser arbeitsschwerpunkt die kritische auseinandersetzung mit den transformationsprozessen im städtischen raum, insbesondere der begleitenden bild- und imageproduktion sowie den sich im ("öffentlichen") raum einschreibenden kontroll- und regulationsmechanismen.

praxisfelder sind aktionen und interventionen im öffentlichen raum, forschung, text- und bildproduktion, oftmals in kooperation und temporärer zusammenarbeit mit anderen gruppen oder personen. mehr über unserer bisherige projekt- und textarbeit ist im anschluss zu finden, weitere infos auch unter http://www.citycrimecontrol.net. zur zeit besteht c3 aus fünf personen: holger börgartz, thomas böker, ulf treger, christian vähling und sandy volz.

bisher haben wir uns vor allem mit entwicklungen in unserer unmittelbaren umgebung (der norddeutschen hansestadt bremen) beschäftigt. mittlerweile hat sich der lebensschwerpunkt von einigen gruppenmitgliedern nach hamburg verlagert, was sich auch auf unsere arbeitsschwerpunkte auswirken wird.

wir möchten im rahmen unserer weiteren arbeit und unseres nächsten projekts den fokus auf eher unsichtbare phänomene verschieben und erweitern, die durch städtische imageproduktion und aufwertungsstrategien bis hin zu einer weitgehenden virtualisierung städtischer politik überstrahlt werden (sollen). zwei themen/aspekte sollen dabei im vordergrund stehen:

migration und stadt

hier insbesondere die situation von papierlosen migrantInnen, ihre wahrnehmung von stadt, ihre alltägliche praxis der aneignung städtischen raums und der organisation ihres lebensalltags angesichts von ausgrenzung, illegalisierung und kriminalisierung. die unmittelbare situation von migrantInnen bei der ankunft in einer fremden/unbekannten westlichen stadt ist meist prekär. die suche nach orientierung, zuflucht/unterkunft, unterstützung und das andocken an netzwerke stehen im vordergrund. für den umgang mit dieser situation bedarf es der entwicklung von geeigneten urbanen praxen.

diese situation steht im deutlichen unterschied zu der willkommener/erwünschter reisender, der touristen, denen mit einer ausgefeilten infrastruktur entgegengekommen wird (tourismuszentralen, stadtpläne mit verzeichnissen für unterkünfte und sehenswürdigkeiten, tipps über lokale gepflogenheiten und eigenschaften, hotels, rundfahrten, und anderen tourstischen dienstleistungen, "attraktionen" von musical bis rotlichtviertel).

unsere auseinandersetzung soll neben der recherche und infosammlung/dokumentation über die spezielle ankunfts- und orientierungssitutation von migrantInnen folgende aspekte beinhalten: wie kann diese situation, vielleicht auch im sinne einer symbolischen dienstleistung oder infrastrukturmaßnahme, beschrieben und vermittelt werden? so ist das vorhandensein von sozialen kontakten zu anderen migrantInnen oder hilfsbereiten etablierten bewohnerInnen ebenso entscheidend wie das wissen über orte und raumstrukturen: welche orte sind aufgrund ihrer polizeipräsenz oder kontrollstrukturen gefährlich oder zu meiden (forbidden places, no-go-areas)? welche räume sind gut geeignet für aufnahme und pflege sozialer kontakte oder einfach nur als sichere passage?

mögliche ideen:

- symbolisch/prototypisch: die entwicklung eines klandestinen zeichensystems, orientiert an den "gaunerzinken", wie sie bis anfang des 20. jahrhunderts bettlern, gauklern und anderen reisenden als geheimes informationssystem mit einfachsten mitteln (kreide auf wänden) gedient haben. Zeichen, angebracht neben hauseingängen und an weggabelungen, mit denen orientierungen und ortsspezifische informationen an nachfolgende reisende weitergeben wurden.

- eine schematisierte kartografierung im kontrast zum touristischen stadtplan: aufbauend auf mehreren subjektiven karten der städte bremen und hamburg und durch schichtung und schematisierung soll eine grafik entstehen, die eine kartografierung jenseits der offziellen zentralpunkte der städtischen geometrie darstellt.

beide ideen könnten als mögliche bestandteile eines reisebüros für reisen in die entgegengesetze richtung benutzt werden. die problematik bei der bearbeitung des themenbereichs ist uns bewusst: die gefahr der bloßen aufdeckung von inoffziellen informationen, deren geheimhaltung entscheidend ist, und die veröffentlicht auch zu herrschaftswissen werden. andererseits kann erst durch thematisierung und visualisierungen über die exisistenz und lebensumstände von illegalisierten bewohnerInnen einer stadt berichtet und so in einen kritischen städtischen diskurs eingeführt werden.

hafenstadt und die dienstleistung sexarbeit

ausgehend von der aktuellen situation im bremer überseehafen und unserer beschäftigung mit städtischen entwicklungsprozessen im hafengebiet von bremen (siehe überseestadt und im besonderen das urban-entertainment-center "space-park"):

etwas unterhalb des "space-parks" soll der ehemalige überseehafen durch das vage städteplanerische konstrukt "überseestadt" einer neuen flächennutzung zugeführt werden. zuschüttung eines hafenbeckens, die ansiedlung von großmarkt und kunsthochschule sind erste, sichtbare ergebnisse dieses prozesses.

der im gleichen gebiet befindliche straßenstrich wird durch diesen prozess unmittelbar tangiert, der etablierte platz an der cuxhavenerstraße wird zur zeit durch umbaumaßnahmen als straßenstrich unnutzbar: ein wall zwischen hafen und dem wohngebiet walle wird abgetragen und so die sicht auf den strich freigegeben. der strich hat sich bereits in den hinteren teil der straße zurückgezogen und wird sich mittelfristig ganz verlagern.

ausgehend davon könnte mit einer betrachtung der geschichtlichen entwicklung von straßenstrich und rotlichtbereich(en) in bremen (mehrfache verlagerungen in der vergangenheit, geschichte der alten amüsiermeile "die küste" am hafenrand im stadtteil walle zur hochzeit der hafenwirtschaft in den 50er und 60er jahren) das thema stadtentwicklung aus dieser perspektive mit den fragestellungen untersucht werden: welche verlagerungen oder verdrängungen von orten der sexarbeit gab es und warum? und wie wird sich dieses verhältnis und die stellung von sexarbeit künftig entwickeln?

östlich davon, auf der anderen seite der bremen innenstadt, im viertel ostertor/steintor liegt die helenenstraße, ein durch einen sichtschutz abgegrenzter rotlichtbereich inmitten eines weitgehend gentrifizierten stadtteils zwischen kulturszene und wohngebiet für lehrerInnen und akademikerInnen. eine aktuelle diplomarbeit eines architekten sieht umbau und öffnung dieser straße vor: ein großes, couch-förmiges gebäude ("le sofa") soll die doppelreihe aus kleinen "bremer häusern" ersetzen und zur künftigen arbeitsstätte für die sexarbeiterInnen werden -- nebst dazu drapierter eisdiele und einem backpacker-hostel. dieser entwurf wurde im stadtteil positiv diskutiert, eine konkrete umsetzung ist allerdings zur zeit nicht geplant.

im kontext der umstrukturierung städtischer gebiete und der anhaltenden neuformatierung nach neoliberalen vorstellungen ist dieser vorschlag für uns ein interessantes beispiel und ausgangspunkt für die reflexion über die gesellschaftlichen bedingungen von sexarbeit als nicht unbedingt imagefördernde, aber offiziell mitgedachte dienstleistung und bestandteil städtischer strukturen.

planungen

beide projektstränge sind hier nur angerissen, wir möchten sie/euch hiermit zur diskussion stellen. wir würden gerne eine beteiligung am projekt "backstage" nutzen, um dieses projekt zu realisieren, das konzept zu konkretisieren und mithilfe von recherchen, interviews, bewertungen und praktischen umsetzungen anzugehen.

bis dezember könnten wir zu einem der beiden stränge erste -- möglicherweise nur bruchstückhafte -- materialsammlungen und visualisierungen anfertigen, um diese im anschluss und darauf aufbauend zu vertiefen und zu erweitern.

ein element unser praxis ist es, unsere gruppe zu öffnen für direkte beteiligung oder lose zusammenarbeit mit interessierten und/oder fachkompenten personen. gleiches wollen wir daher für dieses projekt. es bestehen bereits kontakte zu personen und projekten in beiden themenbereichen, die interesse haben unser Projekt zu unterstützen bzw. daran mitzuwirken.

aufbauend auf die projektarbeit würden wir gerne bis mitte 2004 eine idee für eine konkrete interventions- oder veranstaltungsform in bremen entwickeln, da auch diese ebene der auseinandersetzung zu unserem praxisfeld gehört und wir so unsere auseinandersetzung in ihren ursprünglichen kontext zurücktragen wollen.

für rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung, über feedback von euch würden wir uns freuen!

c3 mailto:c3@citycrimecontrol.net


projekte (auswahl)

>>>reclaim the public space. die stadt uns allen. workshop zu interventionen im öffentlichen raum" mit Beteiligung von c3 im Rahmen von Dresden-Postplatz. 30./31.05.2003

>>>"games fights videos" Ausstellung im Künstlerhaus Bremen mit Beteiligung von c3. 3.5. - 2.6.2002

>>>tv control: die straße als fernseher. Verwandlung des Bremer "Viertel" in einen begehbaren Fernseher. An mehreren Orten draußen werden Kurzfilme, Videos und Installationen gezeigt, die sich mit dem Themenbereich öffentlicher /privater Raum auseinandersetzen. 07.09.2001

>>>city.containment.center - Angewandte Stadtforschung im Rahmen von "safety first", Schlachthof Bremen. 25.-30.09.2000

>>>sendezentrale. filme zur förderung der inneren sicherheit. 31.08.2000, zakk, bremen

>>>Ausstellungsbeteiligung und Veranstaltungsprogramm im Rahmen der Ausstellung <futur perfekt> zum geplanten "Space Park". 01/02.2000, Gesellschaft für Aktuelle Kunst, Bremen

>>>die kontrolle der räume - subculture vs. boredom city. Aktions- und Veranstaltungswoche zu öffentlichem Raum, Privatisierung und Kontrolle. 25.-30.05.1999, Bremen


texte (Auswahl)

[Countdown to the Future - Von der Industrie zum Markenmanagement.] (erschienen in: Tetrapak (Hg.): "Ready2Capture. HafenCity - ein urbaner Raum?", b_books, Berlin 2003)

[Image als Standortvorteil] (Unbearbeitetes Manuskript für Workshop im Rahmen von Dresden Postplatz, 2003)

[city.containement.center] Katalogbeitrag zur Ausstellung Safety First (Bremen 2001)

[Bremen neu erleben Das Stadtforschungsprojekt c3] (aus: Jochen Becker (Hg.) "BIGNES?", b_books, Berlin 2001)

sowie ein pressebericht über ?tv.control die straße als fernseher? http://tv.citycrimecontrol.net/presse/zappen_taz_7.9.2001.html (taz, 7.9.2001)


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