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c3 ... imageproduktion stadt .... artikel

artikel für dresden postplatz reader 3, vorlage

( von CityCrimeControl, ein remix von /ImageAlsStandortvorteil )

bildmaterial zum artikel: /ImageAlsStandortvorteilBilder


einleitung

städte sind zunehmend darauf fixiert, den eigenen standort fitzumachen für den konkurrenzkampf der städte. parameter, um den eigenen erfolg zu messen, sind die bettenbelegung der einheimischen hotelerie, die besucherInnenzahlen von museen, theatern, konzerten und großereignissen (letztere - so drängt sich der eindruck auf - werden oftmals allein geschaffen, um diese zahlen zu potenzieren) und die summe der dafür nötigen investitionen.

nicht zuletzt sind es aber auch die bilder, die eine stadt von sich produziert, um ihren erfolg zu transportieren und zu verkaufen. diese produktion von bildern/images mit dem ziel ihrer eigenen vermarktung will dabei weniger ein abbild der stadt als vielmehr eine vorstellung, die die stadt von sich generiert, schaffen.

die stadt zu einem attraktiven "standort" zu machen, damit ist gemeint, sie als sitz für finanzstarke unternehmen und konzerne zu etablieren. die professionelle produktion von images ist teil einer kommerziellen selbstvermarktung, um sich im weltweiten wettbewerb der städte um finanzielle ressourcen, mobile konsumentInnen und öffentliche aufmerksamkeit zu positionieren und profilieren.

in unserem workshop-beitrag zu "image als standortvorteil" ende mai haben wir hintergründe und auswirkungen städtischer imagepolitik anhand von beispielen aus bremen vorgestellt. in diesem text konzentrieren wir uns auf den spacepark, "deutschlands erstes integriertes shopping- und entertainment-center" (werbetext) - ein dankbares beispiel, um die fassade hinter den bildern zu illustrieren.

der hintergrund des ganzen ist folgender:

bremen ist pleite.

die bremer politik steht bereits seit zehn jahren im zeichen der sanierung. das ziel ist ein verfassungskonformer haushalt (konsumtive ausgaben müssen geringer sein als die konsumtiven einnahmen) bis möglichst bald (also, eigentlich bis 2005, aber damit rechnet kaum jemand mehr).

die parole, unter der die derzeit regierende "große koalition" vorgeht, lautet: investieren und sparen. sogenannte "investive mittel" werden dabei von konsumtiven mitteln getrennt. erstere stehen nur unter dem vorbehalt, daß sie auch wirklich investiert werden, zur verfügung. letztere, die eigentlichen haushaltsmittel, sollen weit möglichst reduziert werden. das führt zu der wenig einsichtigen schräglage, daß der etat für kultur und soziales ständig gekürzt wird und auf der anderen seite z.B. für ein musical, dessen pleite sich unmittelbar abzeichnet, noch einmal 8 millionen euro für werbung nachgeschoben werden, bevor es dann ein paar monate später endgültig dicht macht.

in der neuen wahlperiode seit juni des jahres hat die koalition den sanierungskurs noch weiter verschärft: nicht nur soll jedes einzelne senatsressort ans eingemachte gehen, was etwa das aus für wichtige institutionen wie das frauengesundheitszentrum und die aids-hilfe bedeutet. sogar die investitionen sollen nach der nun abzusehenden space-park-pleite etwas vorsichtiger gehandhabt werden.

die dringlichkeit der investitionspolitik wird gerne mit dem hinweis auf arbeitsplätze untermauert. nachweislich vernichten projekte dieser art zwar mehr arbeitsplätze als sie schaffen und die, die sie schaffen, liegen auf einem geringeren lohnniveau. jedoch gibt es zur zeit nur wenige begriffe, mit denen sich die dringlichkeit einer handlung besser untermauern ließe- und bedenken besser relativieren.

um überregionale investoren zu interessieren, aber auch um sich in der globalen städtekonkurrenz bemerkbar zu machen -- also selber zum "global player" zu werden -- konzentrieren sich die städte auf großprojekte, eine entwicklung, die unter dem begriff "festivalisierung der politik(?? der städte!!)" beschrieben wurde.

ein solches projekt will über die den gegenläufigen interessen der bewohnerInnen hinweg künstliche identität und gemeinsinn inszenieren (stichwort "eigendoping") das "thema" des großprojektes muß nichts mit der stadt zu tun haben, im gegenteil: je weniger, desto besser, denn umso weniger interessen werden so konkret ausgeschlossen.

die betreuung von großprojekten wird üblicherweise firmen überlassen, die vermeintlich unabhängiger und vor allem undurchsichtiger handeln können. beispiele dafür sind die space park development, die bremer investitions-gesellschaft (b.i.g.) oder die bremer marketing-Gesellschaft (bmg). der effekt der festivalisierung hat direkten einfluß auf die stadtpolitik, die städtische verwaltung selbst wird immer mehr einem unternehmen angepaßt und die regierung gibt sich als unternehmensführung.

großprojekt // space park (film)

ausstellung

die bauzeit auf der "größten baustelle des nordens" - diese zuschreibung bereits teil der werbekampagne - wurde begleitet von einer ausstellung, um die besucherInnen auf die groß- und einzigartigkeit des zukünftigen space park einzustimmen.

untergebracht im "lichthaus", dem ehemaligem betriebsrats- und einzigem verbliebenen gebäude der großwerft ag weser, auf deren areal jetzt die bauhülle des urban entertainment center steht, verband die ausstellung ungewollt vergangenheit und zukunft des grundstückes. aber konsequent wird auf das thema zukunft gesetzt: die space-blauen ausstellungstafeln beschränken sich auf reduzierte informationen. neben ein paar wenigen zahlen, die die größe des projektes dokumentieren sollen, verkünden sie in der hauptsache stargate-like "das tor zu einer neuen erlebniswelt" und "shopping in einer neuen dimension" oder etwas allgemeiner, aber um so pathetischer "die zukunft ist hier". der griff in die sci-fi-kiste fördert den eindruck des fantastischen oder - um in den termini der werbetexter zu bleiben - des galaktischen, was künftige besucherInnen erwartet und unterstreicht die zukunftsweisende bedeutung des projektes.

großzügig und detailliert gearbeitete und mit licht in szene gesetzte modelle erlauben einen weiteren blick in die zukunft: eingerichtete ladenflächen mit beleuchteten ladenschildern sowie unzählige, durch die shoppingmall flanierende miniatur-menschen suggerieren ein belebtes, gut frequentiertes erlebnis- und einkaufszentrum und nehmen die erfolgsgeschichte so in den modellen bereits vorweg. das besondere bonbon der ausstellung ist ein vierzehnminütiger werbeclip. der eigens zur präsentation des videos eingerichtete kinosaal verspricht unterhaltung; rot gepolsterte kinosessel und aufsteigende sitzreihen sorgen für das richtige kinoambiente.

theatralisch eingestimmt wird zu beginn mit richard strauß' "also sprach zarathustra, op.30", bekannt aus kubricks "2001 - odyssee im weltraum". zur musik gleitet das space center, der themen- und entertainment-bereich und somit herzstück des space park, raumschiff-gleich durch das all, nähert sich der erde und fügt sich passgenau ins hellerleuchtete space-park-areal.

der einsatz von musik bleibt so bestimmend wie pathetisch und soll die gewünschten emotionen erzeugen. visionäre, wenn auch hausbackene animationen verheißen die zu erwartenden erlebnisse im entertainment-bereich, die sich trotz wohlklingender namen wie "moonbase one" als die zu genüge bekannten versatzstücke der event-industrie darstellen: multiplexkino, achterbahn und unterhaltungselektronik.

vervollständigt wird das bild vom zukunftsprojekt space park durch glücklich konsumierende menschen, strahlende verkäuferInnen und staunende kinder. neben dem wirtschaftlichen erfolg und der demonstrierten kaufkraft sollen diese bilder auch familienfreundlichkeit und –kompatibilität vermitteln: für unterhaltung (und konsum) für die ganze familie wird hier ausreichend gesorgt sein.

auffällig ist der einsatz von bildern von strahlenden und staunenden kindern, die wohl assoziative, positive emotionen anrühren sollen. kinder als zukünftige generation bedienen, dieser gedankenkette folgend, ein positives, zukunftsgewandtes bild. selbst als es vom space park noch nicht mehr als aufgeschüttete sandhaufen zu sehen gab, schwebten bereits kinder in astronautenanzügen auf dem bauzaun. freude, spaß und staunen, ausgedrückt von kindergesichtern weckt ein bedürfnis nach unterhaltung oder besser: entspannung durch unterhaltung. der wunsch, zumindest für eine kurze zeit sorgenlos zu sein und abzuschalten (um dieses bedürfnis zu stillen, wird dann auch gerne gezahlt). kinder stehen auch als ein bild für unschuld: falls nach der ganzen euphemistischen bilderflut noch kritik am space park aufkommen sollte - so böse kann das projekt gar nicht sein

das vorgeführte familienfreundliche bild wird hergestellt durch bilder aus ähnlich funktionierenden shopping- und entertainment-centern aus übersee und vom centrO oberhausen. durch die übernahme des bildmaterials aus anderen zentren überführt sich die propagierte einzigartigkeit als austauschbar und damit beliebig. die am ende des films dargestellte weitläufigkeit des einzugsgebietes, aufgezeigt durch die überregionale anbindung mit autobahn, bahn und flugverkehr, kontrastiert sich mit der regionalen anbindung mit der straßenbahn, die touristisch idyllisch-provinziell am rathaus vorbeischleicht. was sich fast großkotzig ausnimmt, gerät zur farce angesichts der erkenntnis, das die unterhaltungsindustrie mit den immergleichen modulen agiert und sich shopping und entertainment sozusagen "globalisiert" haben.

am ausgang können sich ausstellungsbesucherInnen die motive und parolen der schautafeln im postkarten- und flyer-format mit nach hause nehmen. praktischerweise gibt es dazu auch noch eine papiertüte mit dem space park-emblem - ebenjene tüte, mit der kurz zuvor im film glückliche besucherInnen den space park verlassen haben

die bauwerke des space park stehen inzwischen, nur am benachbartem, integriertem hotel wird noch gebaut. einzig die bauzäune aus metall erinnern noch an die "größte baustelle des nordens". die ausstellungsräume stehen leer. planer und betreiber des space park, die ihre büroräume ebenfalls im "lichthaus" bezogen hatten, ziehen um. platz genug haben sie ja ...

beurteilung der präsentation space park in ausstellung + website

(raus)

strategien der imageproduktion

was haben die bilder, die das space-park-marketing hervorruft, nun mit dem konkreten städtebaulichen projekt zu tun, bzw. was wird damit gesagt und auch nicht gesagt?

nicht nur finanzpolitisch, auch geographisch ist der space park ein produkt der bremer wirtschaftslage: er wurde auf dem ehemaligen geländer der ag weser errichtet, einer werft, die in den 60er jahren ihre beste zeit hatte und 1983 abgewickelt wurde. seither lag das gelände, von ausnahmen abgesehen, brach. die idee der freizeit- und unterhaltungsanlage »raumfahrtpark bremen« stammt ursprünglich von einem mit-arbeiter der daimler-chrysler-aerospace. diese idee entwickelte aus dem jahre 1993 eine unglaubliche durchschlagskraft. ungewöhnlich schnell wurde das projekt zwei jahre später unter der sogenannten Ampel-Koalition durchgewunken. im weiteren verlauf verstrickte sich bremen finanziell mehr und mehr in dieses raumfahrt-abenteuer.

von anfang an wurde das projekt begleitet von einer gewaltigen imagekampagne, hinter der die eigentlichen fakten und entscheidungen unsichtbar blieben. das projekt wurde so gegen fundierte kritik immunisiert. erst heute, jahre später -- mittlerweile ist die betreibergesellschaft köllmann ausgestiegen und mehrfach wurde das management ausgewechselt -- sind von liberalen politikerInnen und auch in der bürgerlichen presse erste kritische töne zu hören. diese kritik jedoch richtet sich mehrheitlich nicht gegen die undurchsichtigkeit der space-park-entwicklung oder gegen die ihr zugrunde liegende und sozial rücksichtslose ausrichtung der sanierungspolitik, sondern lediglich darauf, daß sich der versprochene erfolg nicht einstellt.

fünf elemente der imagekampagne »space park« lassen sich mit der dahinter verborgenen realität in verbindung bringen:

1. raumfahrt ist ein wesentlicher bestandteil des neuen images der stadt, die weg will vom industrie-schmuddel-image. aber mit dem space-park soll nicht raumfahrt-technologie gefördert werden. es geht um eine orientierung hin zur spaß-, enter-tainment und tourismusindustrie. insofern ist das symbol »space« austauschbar.

2. der berühmte standortvorteil liegt vorgeblich in der "einmaligkeit" des space park. verschleiert wird durch diese argumentation, dass gerade der weltweite wettbewerb der städte diese tendenziell egalisiert. überregionale investoren investieren in konzepte, die ihnen (in ihren begriffen, die nicht an der jeweiligen stadt orientiert sind) erfolg versprechen. sie verzerren also das gesamtbild, das dann in imagebroschüren neu formuliert wird (etwa in dem marketingspruch "bremen neu erleben"). anders gesagt: nur wo es keine einzigartigkeit der städte mehr gibt, können sie in konkurrenz miteinander treten.

3. die bild- und symbolproduktion der space-park-development gmbh ist mit solcher massivität aufgetreten, dass alternative ideen überlagert wurden. einwände gegen das projekt konnten nicht aufgenommen werden, bzw. wur-den trivialisiert (bspw. zugang der anwohnerInnen zum wasser). die dynamik der imageprodunktion erübrigte schließlich jede weitere auseinandersetzung mit der frage: wie könnte die vorhandene brachfläche im hafengebiet städtebaulich sinnvoll entwickelt werden?

4.die rhetorik, die in der öffentlichkeit bemüht wurde, kreiste fast ausschließlich das thema "investition" (wahlweise: in die zukunft, für die kinder etc.). wer wieviel investiert hat, ist heute der gradmesser für das engagement (für die zukunft). nie öffentlich diskutiert wurden die tatsächlichen verantwortlichkeiten, die eingegangenen finanziellen verbindlichkeiten, wer z. b. beim scheitern mit bürgschaften einspringen muss. vieles deutet darauf hin, dass die profite privatisiert, die verluste demokratisiert werden (wie es so schön heisst).

5. die stadt bremen wurde bei diesem projekt als gleichrangiger "partner" präsentiert (public-private-partnership). dies suggeriert, dass die stadt nicht anderes sein, als eine besondere form von unternehmen. stadtentwicklung wird gleichgesetzt mit stadtmarketing. jedoch ist die partnerschaft zwangsläufig ungleich: zum einen kann bremen keinem investor finanziell das wasser reichen (darum geht es ja bei der sanierung). zum anderen sind die unternehmen immer in der besseren verhandlungsposition, denn sie können sich jederzeit aus einem projekt zurückziehen und woanders investieren. eine stadt kann das nicht. wechselnde investorenwünsche sind auch ein grund, weshalb das space-park-konzept sich von einer halbwegs kongruenten themenparkidee zu einem kaum noch vermittelbaren (und vermietbaren) investitionsmonstrum entwickelt hat. am ende ist es schließlich die stadt, die auf der bauruine sitzenbleibt und irgendwie versucht, noch irgendwas draus zu machen

aktueller stand: die bauruine steht leer, es ist unklar, wann der space park eröffnet. eigentlich ist sogar unklar, was überhaupt draus wird. denn: die shopping-mall sollte das wirtschaftliche fundament für den entertainment part bieten. doch die mall wird es wahrscheinlich nicht geben (kein interesse bei den unternehmen). damit steht das gesamte projekt in frage, da der entertainment bereich allein sich finanziell nicht tragen wird. um den raum doch noch zu füllen, wird verzweifelt nach konzepten gesucht, wie etwa einen autohandel dort aufzuziehen. diese desolate situation ist keine folge besonderer umstände, sondern eine logische konsequenz einer allzu starken ausrichtung auf ein projekt als wirtschaftliches allheilmittel. die stadt hat sich dem projekt ausgeliefert, aus der vorstellung heraus, in der städtekonkurrenz nicht anders bestehen zu kömnnen.

city.crime.control (c3) ist eine projektgruppe, die sich 1998 in bremen zusammengefunden hat. zunächst nur für die durchführung einer veranstaltungswoche gedacht (1999, die kontrolle der räume - subculture vs. boredom city), blieb c3 in wechselnder konstellation als gruppe aktiv und hat sich seitdem regelmäßig an verschiedenen projekten beteiligt, projekte initiiert und texte publiziert. themen, mit denen sich c3 beschäftigt sind: stadt(entwicklung), öffentlicher raum, kontroll- und sicherheitspolitik, kritisiert aus der perspektive selbstorganisierter und subkultureller zusammenhänge.


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Edited August 26, 2003 23:48 (diff)
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