Projektidee für „Backstage“ im kontext von stadt und tourismus
city.crime.control (c3) arbeitet als kollektive projektgruppe seit 1998 zum thema stadt/urbane räume. ausgehend von dem ursprünglichen kontext (sub)kultureller, selbstorganiserter zusammenhänge sind die arbeitsschwerpunkte die kritische auseinandersetzung mit transformationsprozesse im städtischen raum, insbesondere der begleitenden bild- und imageproduktion sowie den sich im raum einschreibenenden kontroll- und regulationsmechanismen am beispiel von der norddeutschen hansestadt bremen.
(weginzenieren)
neben aktionen und interventionen im öffentlichen raum, forschung, text- und bildproduktion..., siehe dazu im anschluß eine kurze c.v. Der gruppe. Weitere infos unter citycrimecontrol.net
c3 ist eine projektgruppe, die sich 1998 in bremen zusammengefunden hat. zunächst nur für die durchführung einer veranstaltungswoche gedacht (1999, die kontrolle der räume ? subculture vs. boredom city), blieb c3 in wechselnder konstellation als gruppe aktiv und hat sich seitdem regelmäßig an verschiedenen projekten beteiligt, projekte initiiert und publiziert. themen, mit denen sich c3 beschäftigt (hat) sind: stadt(entwicklung), öffentlicher raum (und dessen umwidmung), kontroll- und sicherheitspolitik, kritisiert aus der perspektive selbstorganisierter und subkultureller zusammenhänge.
Wir möchten im rahmen unseres nächsten projekts den fokus der eigenen praxis auf eher unsichtbare phänomene jenseits (und überstrahlt durch) städtische imageproduktion und aufwertungsstrategien bis hin zu einer weitgehenden virtualisierung urbaner räume erweitern/verschieben.
Zwei aspekte sollen dabei im vordergrund stehen:
migration und stadt
hier insbesondere die situation von papierlosen (undocumented) migrantInnen, ihre wahrnehmung von stadt, ihre alltägliche praxis der aneignung städtischen raums und der organisation ihres lebensalltags angesichts von ausgrenzung, illegalisierung und kriminalisierung. Die unmittelbare situtation von migrantInnen bei der ankunft in einer fremden/unbekannten, westlichen stadt, die suche nach ortientierung, zuflucht/unterkunft, unterstützung, andocken an netzwerke.... prekäre situation sowohl als auch die entwicklung von geeigneten urbanen praxen für den umgang mit ihrer situation.
deutlicher unterschied zu den willkommenen/erwünschten reisenden, den touristen mit einer ausgefeilten infrastruktur wie tourismuszentralen, stadtpläne mit verzeichnissen für unterkünfte und sehenswürdigkeiten, tips über lokale gepflogenheiten und eigenschaften.... hotels, rundfahrten, und anderen tourstischen dienstleistungen, „attraktionen“ von musical bis rotlichtviertel
neben der recherche und infosammlung über die spezielle ankunfts- und orientierungssitutation von migrantInnen:
überlegungen, wie diese situation in sinne einer dienstleitung oder infrastrukturmaßnahme verbessert werden könnte. So ist das vorhandensein von sozialen kontakten zu anderen migrantInnen oder hilfsbereiten etablierten bewohnerInnen entscheidend. Daneben dass wissen über orte und raumstrukturen; welche orte sind aufgrund ihrer polizeipräsenz oder kontrollstukturen gefährlich oder zu meiden (forbidden places, no-go-areas), welche orte sind gut geeignet für aufnahme und pflege sozialer kontakte....
Eine idee: Symbolisch/prototypisch: die entwicklung eines klandestinen zeichensystems, orientiert an den „gaunerzinken“, wie sie bis anfang des 20. jahrhunderts bettlern, gauklern und anderen reisenden als geheimes informationssystem mit einfachsten mitteln (kreide auf wänden) gedient haben. Kreidezeichen, die an häuserwänden und wegegabelungen orientierungen und ortsspezifische informationen an andere reisende weitergeben wurden....
eine solches informationsystem könnte nur symbolisch oder als prototyp/studie angedacht/ausprobiert werden, da es in teilen nur durch eine verschlüßelung/geheimhaltung funktionieren kann??
eine weitere idee:
die aufzeichnung einer schematisierten kartografierung im gegensatz zum touristischen stadtplan....
aufbauend auf mehreren/vielen subjektiven karten von bremen und hamburg und durch schichtung und schematisierung solle eine grafik enstehen, die eine eigene kartografierung zeigt: verdichtungen und knotenpunkte, wege und pfade jenseits der offziellen zentralpunkte einer städtischen geometrie.
Beides als mögliche bestandteile eines anderen/reversed reisebüros für reisen in die entgegengesetze richtung bei der überlegung dieser skizzen ist uns die problematik des themenbereichs bewußt: die gefahr der bloßen aufdeckung von inoffziellen oder klandestinen informationen, die somit auch zu herrschaftswissen werden. Andererseits können exemplarische visualisierungen und konzepte über exisistenz und lebensumstände von illegalisierten bewohnerInnen einer stadt berichten....
hafenstadt und die dienstleistung sexarbeit
ausgehend von der aktuellen situtation im bremer überseehafen und unserer beschäftigung mit: derzeit am beginn einer tiefgreifenden umstrukturierung zum vagen städteplanerischen konstrukt „überseestadt“ wird der derzeitige, etablierte platz an der cuxhavenerstraße durch umbaumaßnahmen für den straßenstrich unnutzbar, da ein wall zwischen hafen und wohngebiet abgetragen wird und so die sicht auf den strich freigibt. Der straßenstrich hat sich bereits in den hinteren teil der straße verschoben und wird sich mittelfristig ganz verlagern müssen....
ausgehend davon könnte mit einer betrachtung der geschichtlichen entwicklung von straßenstrich und rotlichtbereich(en) in bremen, mehrere umzüge, der alten amüsiermeile „die küste“ am hafenrand im stadtteil walle, stadtentwicklung aus dieser perspektive vertiefend betrachten: verlagerungen und warum?
Im bremer ostertor ist die helenenstraße ein durch einen sichtschutz (von den nazis eingerichtet) abgegrenzter rotlichtbereich inmitten eines weitgehend gentrifizierten stadtteils zwischen kulturszene und wohngebiet für lehrerInnen und akademiker. Eine aktuelle diplomarbeit eines architekten sieht umbau und öffnung dieser straße vor, ein großes, sofa-förmiges gebäude („le sofa“) soll die doppelreihe aus kleinen „bremer häusern“ ersetzen und künftig die arbeisstätte für die sexarbeiterInnen sein, nebst eisdiele und backpacker-hostel. Dieser entwurf wurde im stadtteil positiv diskutiert, eine konkrete umsetzung ist allerdings zur zeit nicht geplant.
Im kontext der umstrukturierung städtischer gebiete und der anhaltenenen neuformatierung nach neoliberalen vorstellungen ist dieser vorschlag ein interessantes beispiel für die reflexion über das verhältnis von sexarbeit als nicht unbedingt imagefördernde, aber offiziell mitgedachte dienstleistung ....
planungen
Beide projektstränge sind hier nur angerissen, wir möchten sie euch hiermit zur diskussion stellen. Wir würden gerne eine beteiligung am projekt „backstage“ nutzen, um dieses projekt zu realisieren, zu konkretisieren und mithilfe von recherchen, interviews, bewertungen und praktische umsetzungen anzugehen.
Bis Dezember könnten wir zu einem der beiden Stränge (oder beiden) erste, möglicherweise nur bruchstückhafte Materialsammlungen und vor allem prototypische Visualisierungen anzufertigen, um im anschluß und darauf aufbauend diese zu vertiefen und zu erweitern.
Ein Element unser Praxis ist es, unsere Gruppe zu öffnen für direkte Beteiligung oder lose Zusammenarbeit mit interessierten und/oder fachkompenten Personen. Gleiches wollen wir daher für dieses Projekt: Wir haben Kontakte zu Leuten/Gruppen?, die in der Unterstützungs – oder Forschungsarbeit im Bereich Sexarbeit/Prostitution? tätig sind, wie auch zu Leuten, die illegalisierte MigrantInnen? unterstützen und die Interesse haben unser Projekt zu unterstützen bzw. daran mitzuwirken.
Aufbauend auf die Projektarbeit würde wir gerne bis mitte 2004 eine idee für eine konkrete interventions oder veranstaltungsform in bremen entwickeln, da auch diese ebene der auseinandersetzung zu unserem praxisfeld gehört und wir gerne unsere auseinandersetzung in ihren kontext zurücktragen wollen.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung, über Feedback von euch würden wir uns freuen!
Texte (Auswahl)
[Countdown to the Future - Von der Industrie zum Markenmanagement.] (erschienen in: Tetrapak (Hg.): "Ready2Capture. HafenCity - ein urbaner Raum?", b_books, Berlin 2003)
[Image als Standortvorteil] (Manuskript für Workshop im Rahmen von Dresden Postplatz, 2003)
[Katalogbeitrag] zur Ausstellung Safety First (Bremen 2001)
[Bremen neu erleben Das Stadtforschungsprojekt c3] (aus: Jochen Becker (Hg.) "BIGNES?", b_books, Berlin 2001)
sowie ein pressebericht über „tv.control die straße als fernseher“ http://tv.citycrimecontrol.net/presse/zappen_taz_7.9.2001.html (taz, 7.9.2001)
Projekte, Aktionen und Ausstellungen
>>>"reclaim the public space. die stadt uns allen. workshop zu interventionen im öffentlichen raum" mit Beteiligung von c3 im Rahmen von Dresden-Postplatz. 30./31.05.2003
>>>Countdown to the Future - Von der Industrie zum Markenmanagement. Wie die verbrauchten Symbole einer Stadt durch neue ersetzt werden. erschienen in: Tetrapak (Hg.): "Ready2Capture. HafenCity - ein urbaner Raum?", b_books, Berlin 2003
>>>"games fights videos" Ausstellung im Künstlerhaus Bremen mit Beteiligung von c3. 3.5. - 2.6.2002
>>>tv control: die straße als fernseher. Verwandlung des Bremer "Viertel" in einen begehbaren Fernseher. An mehreren Orten draußen werden Kurzfilme, Videos und Installationen gezeigt, die sich mit dem Themenbereich öffentlicher /privater Raum auseinandersetzen. 07.09.2001
>>>city.containment.center Angewandte Stadtforschung im Rahmen von "safety_first",Schlachthof Bremen 25.-30.09.2000
>>>sendezentrale.filme zur förderung der inneren sicherheit 31.08.2000 zakk, bremen
>>> Veranstaltungsprogramm im Rahmen der Ausstellung <futur perfekt> in der Gesellschaft für Aktuelle Kunst, Bremen zum geplanten "Space Park" Bremen 01/02.2000
>>>kontrolle der räume - subculture vs. boredom city Aktions- und Veranstaltungswoche zu öffentlichem Raum, Privatisierung und Kontrolle 25.-30.05.1999, Bremen